Afghanistan: Ausschluss von Frauen von medizinischen Instituten bedroht Zukunft der Gesundheitsversorgung

Die Ankündigung der Taliban, Frauen vom Studium an medizinischen Instituten auszuschließen, wird weitreichende Folgen für die Gesundheit der Frauen im Land haben.

Dieser Schritt verdrängt Frauen weiter aus dem öffentlichen und beruflichen Leben. Die unzureichende Anzahl von weiblichem Gesundheitspersonal im Land hat bereits Auswirkungen auf die medizinische Versorgung in Afghanistan. Die neuen Beschränkungen werden den Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung weiter einschränken und deren Verfügbarkeit in Zukunft ernsthaft gefährden.

«Es gibt kein Gesundheitssystem ohne ausgebildetes weibliches medizinisches Personal», sagt Mickael Le Paih, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Afghanistan. «Bei Ärzte ohne Grenzen sind mehr als 50 Prozent unserer Gesundheitsmitarbeitenden Frauen. Die Entscheidung, Frauen vom Studium an medizinischen Instituten auszuschließen, wird ihnen die Ausbildung im Gesundheitsbereich verwehren und sie von einer gleichberechtigen Gesundheitsversorgung ausschließen.»

Der medizinische Bedarf in Afghanistan ist enorm. Um ihn zu decken, muss mehr weibliches Gesundheitspersonal ausgebildet werden. Dafür brauchen Frauen Zugang zu Bildung. Die für die Jahre 2024, 2022 und 2021 geltenden Bildungsbeschränkungen verringern die Verfügbarkeit von weiblichem medizinischem Personal in Zukunft erheblich. In Chost, einer der weltweit am stärksten frequentierten Geburtsstationen von Ärzte ohne Grenzen, ist es schon jetzt schwierig, alle erforderlichen Stellen zu besetzen – einschließlich der Positionen von Hebammen und Gynäkolog:innen. Weibliches Personal ist für Programme zur Gesundheitsversorgung von Müttern unerlässlich. Von Januar bis Juni 2024 unterstützte Ärzte ohne Grenzen bei 22’300 Entbindungen.

«Wenn Mädchen die Sekundarschule nicht besuchen können und Frauen keine Universität oder medizinische Institute, woher sollen dann die weiblichen Gesundheitsfachkräfte der Zukunft kommen? Und wer wird sich um die afghanischen Frauen kümmern, wenn sie am verwundbarsten sind? Damit grundlegende Dienstleistungen allen Geschlechtern zur Verfügung stehen, müssen sie von allen Geschlechtern erbracht werden», so Le Paih weiter.

Ärzte ohne Grenzen setzt sich in Afghanistan weiterhin für alle Menschen ein, die medizinische Versorgung benötigen – und dafür, dass Frauen weiterhin Zugang zu medizinischer Ausbildung und Bildung im Allgemeinen erhalten.

Ärzte ohne Grenzen betreibt sieben Projekte in Helmand, Kundus, Herat, Chost, Kandahar und Bamiyan, wobei der Schwerpunkt auf der Bereitstellung von medizinischer Sekundärversorgung liegt. Im Jahr 2023 waren Teams von Ärzte ohne Grenzen für über 132‘600 ambulante Konsultationen, 96‘000 stationäre Aufnahmen, 383'600 Konsultationen in der Notaufnahme, 15‘200 chirurgische Eingriffe und 45'260 Entbindungen verantwortlich. In den ambulanten therapeutischen Ernährungszentren wurden 10'500 Patient:innen behandelt und 12‘500 Patient:innen in stationäre therapeutische Ernährungszentren aufgenommen.

Johanna Spitz

Public Engagement, Media Intern

 

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