Äthiopien: MSF muss Hilfe auf Anordnung aussetzen

Die internationale Organisation Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) musste alle Hilfsprojekte in den äthiopischen Regionen Amhara, Gambella und Somali sowie im Westen und Nordwesten der Region Tigray aussetzen. Dies ist die Konsequenz einer Anordnung zur dreimonatigen Aussetzung der Hilfe seitens der äthiopischen Agentur für Organisationen der Zivilgesellschaft (ACSO) vom 30. Juli.

MSF hat alle erforderlichen Massnahmen ergriffen, um der Aufforderung der äthiopischen Agentur für Organisationen der Zivilgesellschaft (ACSO) nachzukommen. Dies beinhaltet auch die Aussetzung aller medizinischen und humanitären Projekte für einen Zeitraum von drei Monaten in den Regionen Amhara, Gambella, Somali sowie Teilen Tigrays. Kurzfristig mussten hier Patientinnen und Patienten aus den Kliniken entlassen werden, wodurch die Menschen in diesen Gebieten noch weniger Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Ein Team von fast 1000 äthiopischen Mitarbeitenden ist zu Hause in Bereitschaft, während fast alle internationalen Mitarbeitenden das Land verlassen haben.

In den ersten sechs Monaten des Jahres 2021 haben die MSF-Teams in den vier Regionen, in denen die Hilfe nun eingestellt werden musste, 212‘000 Männer, Frauen und Kinder ambulant behandelt, 3900 Menschen erhielten spezielle Therapien, 3300 Menschen wurden psychologisch betreut und 1500 Frauen bei der Entbindung ihrer Kinder unterstützt.

Die Anordnung zur Aussetzung der medizinischen und humanitären Hilfe kommt zu einer Zeit, in der der Bedarf an humanitärer Hilfe in Äthiopien enorm ist und Millionen von Menschen im ganzen Land Nahrung, Wasser, Unterkunft und Zugang zu medizinischer Versorgung benötigen.

Im Westen und Nordwesten von Tigray, wo MSF keine Hilfe mehr leisten darf, ist die Lage für die Menschen äusserst prekär und unberechenbar. MSF ist ausserdem besorgt über die südsudanesischen Flüchtlinge in der Region Gambella, Menschen, die Opfer von Gewalt wurden oder jene, und die Menschen in der Region Amhara, die vernachlässigten Tropenkrankheiten wie Kala Azar leiden. Auch in der Region Somali ist der Zugang zur Gesundheitsversorgung sehr eingeschränkt.

Ausserdem sind auch drei Monate nach der brutalen Ermordung von drei MSF-Mitarbeitenden am 24. Juni die Umstände ihres Todes nach wie vor unklar. Niemand hat sich dazu bekannt. Nach ihrer Ermordung hat MSF die schmerzliche, aber notwendige Entscheidung getroffen, die Hilfe in den zentralen und östlichen Gebieten von Tigray (Abi Adi, Adigrat und Axum) auszusetzen. Die Organisation steht weiterhin im Dialog mit den zuständigen Behörden, um sich über die laufenden Ermittlungen zu informieren.

Obwohl MSF aufgefordert wurde, die Aktivitäten an bestimmten Orten auszusetzen, leistet die Organisation weiterhin medizinische und humanitäre Hilfe in Addis Abeba, Guji (Oromia), Southern Nations, Nationalities and People's Region (SNNPR) und Südost-Tigray.

MSF ist seit 37 Jahren in Äthiopien tätig und leistet in Zusammenarbeit mit den äthiopischen Behörden auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene medizinische Hilfe für Millionen von Menschen, die von Konflikten, Epidemien und Katastrophen betroffen sind oder nur begrenzten Zugang zur Gesundheitsversorgung haben. Alle Projekte folgen den humanitären Prinzipien Menschlichkeit, Unabhängigkeit, Neutralität und Unparteilichkeit. Trotz der aktuellen Schwierigkeiten in der Bereitstellung medizinischer und humanitärer Hilfe fühlt sich MSF weiterhin den Menschen im ganzen Land verpflichtet und bleibt mit den zuständigen Regierungsbehörden im Dialog, um die Aussetzung aufzuheben und die Hilfe so bald wie möglich wieder aufzunehmen.

Kontakt
Lukas Nef Communications Officer, Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF)
Lukas Nef Communications Officer, Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF)
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MSF ist eine unabhängige medizinische Hilfsorganisation. MSF hilft Menschen in Not, Opfern von Naturkatastrophen sowie von bewaffneten Konflikten - ungeachtet ihrer ethnischen Herkunft, religiösen oder politischen Überzeugung oder ihres Geschlechts.


1999 erhielt MSF den Friedensnobelpreis.

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