DR Kongo: Ärzte ohne Grenzen verzeichnet massiven Zustrom Verletzter in Goma und bittet um humanitären Zugang

Goma/Kinshasa, 29. Januar 2025 – Obwohl die Kampfhandlungen und die unsichere Lage in Goma humanitäre Hilfe deutlich erschweren, behandelt Ärzte ohne Grenzen weiterhin Verwundete, die in grosser Anzahl ins Spital von Kyeshero kommen. In den vergangenen Tagen gab es mehrere Angriffe auf humanitäre und medizinische Einrichtungen. Am Mittwochmorgen haben die Kämpfe offenbar nachgelassen und Ärzte ohne Grenzen bereitet sich darauf vor, neue Teams in die Stadt zu schicken.

Die Kämpfe zwischen der M23 und der kongolesischen Armee mit ihren jeweiligen Verbündeten erreichten Anfang der Woche das Stadtzentrum von Goma und verursachten dort Panik – mit verheerenden Folgen für die Bevölkerung. Seit mehreren Tagen ist Goma vom Rest der Welt abgeschnitten. Die Opfer der Kämpfe strömen weiterhin in die medizinischen Einrichtungen. Diese waren selbst mehrfach Ziel von Angriffen.

«Im Spital von Kyeshero durchschlug eine Kugel während einer Operation das Dach des Operationssaals», berichtet Virginie Napolitano, Notfallkoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen in Nord-Kivu. «Unserer Lagerbestände an Ausrüstung und Medikamenten wurden teilweise geplündert, wodurch unsere medizinische Hilfe innerhalb und ausserhalb von Goma gefährdet ist. Von den bewaffneten Plünderungen waren auch unsere Mitarbeitenden in Goma betroffen. Einer von ihnen wurde während eines Angriffs in seinem Haus durch einen Schuss verwundet. Auch andere Organisationen und medizinische Einrichtungen sind unter Beschuss geraten. Das ist völlig inakzeptabel.»

Trotz dieser prekären Situation arbeitet ein Team von Ärzte ohne Grenzen weiterhin im Spital von Kyeshero, das durch den Zustrom von Verwundeten überlastet ist. Im Spital von Ndosho unterstützt Ärzte ohne Grenzen die Teams des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK).

Seit Donnerstag wurden 142 Verwundete behandelt. Alleine am Dienstag nahm Ärzte ohne Grenzen 37 Verletzte auf, die Hälfte von ihnen Zivilpersonen, meistens Frauen. Die häufigsten Verletzungen stammen von Granatsplittern. Viele Menschen werden mit Schussverletzungen eingeliefert.

Seit Freitag ist die Bevölkerung der Millionenstadt mit ständigen Wasser- und Stromausfällen konfrontiert. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln ist gefährdet.Die unsichere Lage sowie die Gefahr von Plünderungen und Strassenblockaden erschweren es den Teams von Ärzte ohne Grenzen, die Lebensmittelvorräte aufzufüllen. Diese reichen nur für zwei bis drei Tage.

Seit einigen Tagen zwingen die zunehmende Unsicherheit und die heftigen Kämpfe Ärzte ohne Grenzen dazu, die Zahl der aktiven Teams in Goma und in den Vertriebenencamps am Stadtrand vorübergehend zu reduzieren. In der Zwischenzeit steigt der medizinische und humanitäre Bedarf in und um Goma weiter an. In den vergangene Wochen sind Zehntausende zu den 650'000 Menschen, die seit mehr als zwei Jahren in den Camps rund um Goma Schutz suchen, hinzugekommen. Manche der Camps sind nach den Kämpfen wie leergefegt. Die Bewohner:innen sind abermals auf der Flucht.

«Die Auswirkungen dieser Kämpfe auf die Zivilbevölkerung sind enorm. Zusätzlich zu den Verwundeten und Toten erhalten wir erschütternde Berichte aus den Camps für Binnenvertriebene, in die unsere Teams nicht mehr gehen können», sagte Stephan Goetghebuer, Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen in Nord-Kivu. «Im Camp Kanyaruchinya ist das Gesundheitszentrum, das wir unterstützen weiterhin in Betrieb, aber unser Team hat in dieser Woche zwei Kinder sterben sehen, weil sie nicht in ein Spital verlegt werden konnten.»

Ärzte ohne Grenzen bereitet sich darauf vor, Teams zurück nach Goma zu schicken. Die Versorgungslage muss nach den Plünderungen der letzten Tage neu bewertet werden. Zudem müssen die Vorräte wieder aufgefüllt werden, damit die Notfallversorgung so schnell wie möglich ausgeweitet werden kann. Dafür braucht es u.a. Erleichterungen für den Transport von Ausrüstung und humanitären Teams über die Grenze zwischen Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo.

Angesichts der Verschlechterung der humanitären Lage fordert Ärzte ohne Grenzen die Konfliktparteien auf, mehr für den Schutz der Zivilbevölkerung zu tun. Die elementarsten Regeln des Humanitären Völkerrechts müssen respektiert werden, insbesondere muss der Zugang für humanitäre Hilfsorganisationen gewährleistet sein, damit die Bevölkerung die notwendige medizinische Hilfe bekommt.

Ärzte ohne Grenzen leistet medizinische Hilfe in Goma und weiteren vom Konflikt betroffenen Gebieten in Nord- und Süd-Kivu.

 

Yvonne Eckert

Medienverantwortliche, Médecins Sans Frontières (MSF)

 

 

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