DR Kongo: Dutzende Verletzte werden in Spitälern behandelt, die von MSF unterstützt werden
Die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der M23-Miliz und den kongolesischen Streitkräften (FARDC) haben sich auf die Provinz Süd-Kivu ausgeweitet. In der Provinzhauptstadt Bukavu werden zahlreiche Verwundete in Spitälern behandelt, die von Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) unterstützt werden. Marcus Bachmann, Einsatzleiter von Ärzte ohne Grenzen für die Provinz Süd-Kivu, berichtet über die aktuelle Lage im Osten der Demokratischen Republik Kongo.
Wie ist die aktuelle Lage in Süd-Kivu?
Der Konflikt zwischen der M23 und den kongolesischen Streitkräften (FARDC) sowie ihren jeweiligen Verbündeten konzentriert sich zwar auf die Provinz Nord-Kivu, doch auch Süd-Kivu ist von der eskalierenden Gewalt betroffen. Laufend gelangen Vertriebene in die Provinz. In den ersten drei Wochen des Jahres, als sich der Konflikt verschärfte, wurden in den von Ärzte ohne Grenzen unterstützten Gesundheitseinrichtungen im Norden von Süd-Kivu mehr als 315 Verletzte versorgt.
Ende Januar übernahm die M23 die Kontrolle über Numbi im nördlichen Teil von Süd-Kivu sowie über Minova am Ufer des Kivu-Sees. Nach der Einnahme von Goma, der Hauptstadt von Nord-Kivu, drang die Gruppierung weiter nach Süd-Kivu vor. Letzte Woche eroberte die M23 die strategisch wichtigen Städte Kalehe und Kavumu.
Am Wochenende rückten die Kämpfer der M23 nach Bukavu vor, während sich die Truppen der FARDC und verbündete Streitkräfte aus der Stadt zurückzogen. Bukavu ist eine der bevölkerungsreichsten Städte im Osten des Landes. Dort kam es zwar zu keinen grösseren bewaffneten Auseinandersetzungen, aber zu zahlreichen Plünderungen und Schiessereien. Die Situation ist chaotisch, die Stadt wirkt nahezu verlassen, man sieht kaum Fahrzeuge und nur sehr wenige Menschen sind unterwegs. Viele Bewohner:innen bleiben zu Hause oder haben die Stadt verlassen. Die Lage ist nach wie vor instabil.
Aktivitäten von Ärzte ohne Grenzen
Wir haben in Bukavu kein regulären medizinischen Projekte betrieben, sondern koordinieren von dort aus unsere Aktivitäten in der Provinz. Jetzt haben unsere Teams jedoch damit begonnen, vier Spitäler in der Stadt zu unterstützen. Diese müssen den grossen Zustrom an Verwundeten bewältigen, zudem müssen Kapazitäten ausgebaut werden, um Opfer sexualisierter Gewalt behandeln zu können.
Aufgrund der Gewalt der vergangenen Tage, haben die von Ärzte ohne Grenzen unterstützten Spitäler in Bukavu bis Montag bereits 48 Patient:innen mit Schuss- und Splitterwunden aufgenommen. Alle waren Zivilist:innen, darunter 11 Kinder und 16 Frauen.
Im nördlichen Teil der Provinz Süd-Kivu unterstützt Ärzte ohne Grenzen weiterhin mehrere Abteilungen des Spitals in Minova, drei weitere Gesundheitszentren im Umland sowie das Gesundheitszentrum Numbi. In diesen Gebieten leben immer noch Tausende von Vertriebenen.
In Uvira, weiter südlich, versorgen die Teams von Ärzte ohne Grenzen Patient:innen mit Mpox. In Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium wurden in den letzten Monaten etwa 3000 Patient:innen behandelt. Der Fokus liegt auf der Verbesserung der Diagnostik, der Behandlung im allgemeinen Spital sowie auf der Aufklärung über die Krankheit. Mittlerweile haben die Kämpfe auch Uvira erreicht, wodurch die Situation dort äusserst besorgniserregend geworden ist. Das allgemeine Spital nimmt Dutzende von Verletzten auf, darunter erneut viele Zivilist:innen.
Ärzte ohne Grenzen beobachtet die Situation genau und sucht nach Möglichkeiten, die Nothilfemassnahmen auszuweiten. Nur so kann man auf die humanitären Bedürfnisse der Menschen in den Gebieten um Minova, Bukavu und Uvira reagieren.
Tausende von Menschen haben zudem die Grenze von Süd-Kivu nach Burundi überquert, um in der Provinz Cibitoke Zuflucht zu suchen. Ärzte ohne Grenzen hat deshalb sofort ein Team entsandt, um in Zusammenarbeit mit den burundischen Behörden die dringendsten Bedürfnisse zu ermitteln und Nothilfe zu leisten. Die Priorität von Ärzte ohne Grenzen besteht darin, den Zugang zu medizinischer Grundversorgung durch mobile Kliniken zu unterstützen, die sanitären Einrichtungen und den Zugang zu sauberem Wasser zu verbessern sowie Epidemien wie Masern und Cholera zu bekämpfen.
Was sind Ihre grössten Befürchtungen?
Die Ausbreitung von Gewalt und bewaffneten Zusammenstössen sowie die damit verbundenen logistischen Einschränkungen - Schliessung von Flughäfen und Seeschifffahrtswegen - beeinträchtigen unsere Möglichkeiten, in verschiedenen Gebieten im Nordern der Provinz Süd-Kivu medizinische Hilfe zu leisten.
Aufgrund der instabilen Lage besteht die Gefahr, dass sich der Bedarf an humanitärer Hilfe verschlimmert, vor allem in Gemeinschaften, die schon seit langem vertrieben worden sind.
Wir sind auch besorgt über den möglichen Anstieg von Krankheitsausbrüchen wie Cholera. Unsere Teams sind darauf vorbereitet, bei Bedarf zu reagieren und die Gemeinden mit sauberem Trinkwasser zu versorgen.
Ärzte ohne Grenzen fordert alle Konfliktparteien auf, den Schutz der Zivilbevölkerung, der humanitären Helfer:innen, der medizinischen Infrastruktur und des medizinischen Personals in allen vom Konflikt betroffenen Gebieten zu gewährleisten.
Lukas Nef
Paoliello Nicolas