Gaza: Ärzte ohne Grenzen ist über den Tod des 15. Kollegen erschüttert
Abed El Hameed erlag seinen Verletzungen nach dem Angriff am vergangenen Donnerstag
Mit tiefer Trauer und Empörung bestätigt Ärzte ohne Grenzen den Tod ihres Kollegen Abed El Hameed Qaradaya. Trotz der medizinischen Versorgung von den Teams der Organisation erlag er am Sonntag, dem 5. Oktober, seinen schweren Schrapnellverletzungen. Diese hatte er bei dem Angriff am vergangenen Donnerstag erlitten, bei dem auch sein Kollege Omar Hayek getötet und mehrere Menschen verletzt wurden.
Der Angriff der israelischen Streitkräfte in Gaza traf eine Strasse, an der die Teams auf einen Bus zum provisorischen Spital von Ärzte ohne Grenzen in Deir Al-Balah warteten. Alle Mitarbeitenden trugen Westen der Organisation, die sie eindeutig als medizinische humanitäre Helfer:innen auswiesen. Abed war 43 Jahre alt und ist der fünfzehnte Mitarbeitende von Ärzte ohne Grenzen, der seit dem 7. Oktober 2023 in Gaza getötet wurde. Er ist der dritte Kollege, der in weniger als 20 Tagen getötet wurde.
Abed und Omar verliessen die Stadt Gaza aufgrund von Evakuierungsbefehlen und unerbittlichen Angriffen der israelischen Streitkräfte, um dann von denselben Streitkräften in einer sogenannten «sicheren Zone» getötet zu werden.
Unsere Gedanken sind bei Abeds Frau und seinen zwei Kindern.
Abed El Hameed war während 18 Jahre eine tragende Säule der Physiotherapie-Abteilung von Ärzte ohne Grenzen im Gazastreifen. Er war ein einzigartiger und sehr wertvoller Spezialist, sowohl in der Physio- als auch in der Ergotherapie. Abed widmete sich nicht nur der körperlichen Genesung seiner Patient:innen, sondern auch der Wiederherstellung ihrer Hoffnung und Würde. Abed arbeitete trotz immenser Herausforderungen, wie Versorgungsengpässen aufgrund der israelischen Blockade, unermüdlich weiter. Er entwickelte innovative und angepasste Hilfsmittel, arbeitete mit Schneider:innen und Logistiker:innen zusammen, um massgeschneiderte Kompressionsanzüge für Verbrennungspatient:innen herzustellen, und passte Gehhilfen an die spezifischen Bedürfnisse einzelner Patient:innen an, die verwundet oder amputiert worden waren. Er war die treibende Kraft hinter der Eröffnung der 3D-Physiotherapie-Abteilung und bestand darauf, neue Technologien für die Patient:innen-Versorgung in den Gazastreifen zu bringen. Abed wird seinen Kolleg:innen als stets optimistischer und zutiefst mitfühlender Mensch in Erinnerung bleiben, als wahrer Freund, der immer bereit war, zu unterstützen, zu ermutigen und zu inspirieren.
Kein Ort im Gazastreifen ist sicher. Ärzte ohne Grenzen fordert einen sofortigen Waffenstillstand und ein Ende des Blutvergiessens. Die Hilfsorganisation ist zutiefst erschüttert und empört über den Verlust der Kollegen, der einmal mehr vor Augen führt, wie sehr das Leben und die Würde der Zivilbevölkerung missachtet werden.
Yvonne Eckert