Gaza: «Verteilung von Nahrungsmitteln über Stiftung ist Mittel zur Zwangsvertreibung»

Genf, 30. Mai 2025. Zur Verteilung von Nahrungsmitteln im Gazastreifen durch die neu gegründete Stiftung «Gaza Humanitarian Foundation» sagt Christopher Lockyear, der internationale Generalsekretär von Ärzte ohne Grenzen: 

«Der katastrophale Beginn der Nahrungsmittelverteilung durch die neu gegründete Stiftung hat bestätigt, dass der Plan der USA und Israels nicht funktioniert. Am 27. Mai, dem ersten Nachmittag der Verteilung in Rafah im Süden des Gazastreifens, wurden zahlreiche Menschen verletzt, als völlig unzureichende Mengen lebensnotwendiger Güter inmitten des Chaos verteilt wurden. 

Die Palästinenser:innen, die seit fast drei Monaten keine Nahrungsmittel, kein Wasser und keine medizinische Hilfe erhalten hatten, wurden durch Zäune eingepfercht, während sie auf überlebenswichtige Güter warteten. Dies ist sinnbildlich für die unmenschliche Behandlung der palästinensischen Zivilbevölkerung durch die israelischen Behörden in den vergangenen 19 Monaten. ​ 

Hinzukommt, dass Lebensmittel nicht dort verteilt werden, wo sie am dringendsten benötigt werden. Stattdessen werden sie nur in Gebieten ausgegeben, in denen die israelischen Streitkräfte Zivilist:innen versammeln wollen. Insbesondere ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen, die an weiter entfernten Orten leben, haben somit praktisch keine Chance, an die dringend benötigten Nahrungsmittel zu gelangen. 

Die Behauptung, dass dieser Mechanismus notwendig sei, um die Umleitung von Hilfsgütern zu verhindern, ist falsch. Konnte Ärzte ohne Grenzen Hilfsgüter nach Gaza bringen, haben wir seit Kriegsbeginn damit stets Patient:innen direkt behandelt. ​ 

Die Initiative der USA und Israels erscheint wie ein zynischer Trick, um die Einhaltung des humanitären Völkerrechts vorzutäuschen. De facto wird die Hilfe aktuell als Mittel zur Zwangsvertreibung eingesetzt. Dieses Vorgehen scheint Teil einer umfassenden Strategie zur ethnischen Säuberung des Gazastreifens zu sein – und wird zur Rechtfertigung der Fortsetzung eines Krieges genutzt, der ohne Grenzen geführt wird. 

Die israelischen Behörden haben zuletzt lediglich einen Bruchteil an Hilfslieferungen in den Gazastreifen hineingelassen. Die wenige Hilfe, die über den Grenzübergang gebracht werden durfte, wurde oft erneut blockiert. So haben sie verhindert, dass lebensrettende Hilfe in den erforderlichen Mengen bei den Menschen ankommt. Ergebnis dieses Vorgehens sind Verzweiflung, mitunter Plünderungen, und noch mehr Tote und Verletzte auf Seiten der Palästinenser:innen. Dies ist Teil einer umfassenderen Taktik, ein einseitiges Narrativ zu verstärken – eines, demzufolge die einzige Möglichkeit, Hilfe zu leisten, darin besteht, sie zu militarisieren. ​ 

Zusammen mit Zwangsvertreibungen und Bombenangriffen, bei denen Zivilist:innen getötet werden, kann diese Art der Instrumentalisierung der Hilfe ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen. Nur ein dauerhafter Waffenstillstand und die sofortige Öffnung der Grenzen des Gazastreifens für humanitäre Hilfe – einschliesslich Lebensmitteln, medizinischer Versorgung, Treibstoff und anderer lebenswichtiger Güter – können diese menschengemachte Katastrophe abschwächen.»

 

Yvonne Eckert

Medienverantwortliche, Médecins Sans Frontières (MSF)

Djann Jutzeler

Communications Officer, Médecins Sans Frontières

 

 

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