Jahresbericht 2024: Mehr Gewalt, wachsende Krisen – hohe Solidarität
Genf, 14. Juli 2025 – Trotz Spendeneinnahmen in Höhe von CHF 201,2 Millionen im Jahr 2024 – davon 95 % aus Privatspenden – warnt die Schweizer Sektion von Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) vor sich verschärfenden humanitären, klima- und konfliktbedingten Krisen. Besonders im Sudan spitzt sich die Lage zu: Eskalierende Gewalt, Massenvertreibungen und eingeschränkter Zugang erschweren die Hilfe vor Ort.
Mehr als 250 000 Privatspender:innen in der Schweiz unterstützten die Arbeit von Ärzte ohne Grenzen im vergangenen Jahr. Auch zahlreiche Stiftungen, Unternehmen und staatliche Stellen engagierten sich gemeinsam mit uns, um Menschen in Not zu erreichen. Die meisten Mittel von Ärzte ohne Grenzen Schweiz flossen 2024 in Projekte im Tschad (CHF 28 Millionen), in der Demokratischen Republik Kongo (CHF 26 Millionen) und im Sudan (CHF 20 Millionen). In all diesen Ländern herrscht weiterhin grosser medizinischer und humanitärer Bedarf.
«Ohne all die Menschen, die uns unterstützen, könnten wir unsere Arbeit nicht leisten», sagt Micaela Serafini, Präsidentin von Ärzte ohne Grenzen Schweiz. «Gerade jetzt zeigt sich, wie wichtig es ist, unabhängig von staatlicher Finanzierung zu bleiben. Gleichzeitig sind die massiven Kürzungen der weltweiten humanitären Hilfe höchst besorgniserregend. Immer häufiger werden wir gebeten, dort einzuspringen, wo andere Organisationen sich zurückziehen mussten. Die Not ist jedoch so gross, dass wir unmöglich alle Versorgungslücken schliessen können.»
2024: Die Krisen spitzen sich zu
Die Konflikte in Gaza und im Sudan brachten 2024 grosse humanitäre Herausforderungen mit sich. Zivilpersonen, humanitäre Einsatzkräfte und medizinische Einrichtungen wurden dort wiederholt gezielt angegriffen. Allein im Gazastreifen wurden in den vergangenen mehr als anderthalb Jahren zwölf Mitarbeitende von Ärzte ohne Grenzen getötet. Auch im benachbarten Libanon stieg der medizinische Bedarf, woraufhin Ärzte ohne Grenzen Schweiz ihre Hilfe ausweitete.
Im Sudan wurden Millionen Menschen vertrieben, und der Zugang zu humanitärer Hilfe verschlechterte sich dramatisch. Mit dem Hashtag #TalkAboutSudan machte die Schweizer Sektion auf die anhaltende Krise aufmerksam.
Trotz all dieser Herausforderungen leisteten die Teams von Ärzte ohne Grenzen 2024 in 34 Ländern lebensrettende medizinische Hilfe - unter anderem mit über 574 000 Malaria-Behandlungen, 440 000 Masernimpfungen bei Kindern und fast 14 000 chirurgischen Eingriffen.
Ausblick: Humanitäre Hilfe trotz wachsender Hürden
Auch in der zweiten Jahreshälfte 2025 bleibt die Lage angespannt. Weltweite Budgetkürzungen haben dazu geführt, dass HIV-Programme und Leistungen im Bereich der reproduktiven Gesundheit in mehreren Ländern ausgesetzt wurden. Für besonders stark gefährdete Menschen – darunter viele Frauen und Kinder – wird der Zugang zu medizinischer Versorgung dadurch zusätzlich erschwert.
Trotzdem setzt sich Ärzte ohne Grenzen weiterhin dafür ein, unabhängige und bedarfsorientierte medizinische Hilfe zu leisten. Die Organisation wird auch künftig dort helfen, wo die Not am grössten ist – in Konfliktgebieten, bei Vertreibungen oder in Regionen mit unzureichend ausgebauten Gesundheitssystemen. Die Grundlage für die Einsätze bilden stets die Einschätzungen der medizinischen Teams vor Ort.
«Wir reagieren nicht nur auf die aktuellen Krisen. Wir bereiten uns auch auf jene vor, die noch kommen werden», so Serafini weiter. «Jede Notsituation erinnert uns daran, warum wir diese Arbeit tun. Auch wenn politische Unterstützung und Finanzierung wegbrechen – unser Engagement bleibt. Und im Zentrum stehen immer die Menschen, die wir versorgen.»
Interviews sind möglich.
Der Jahres- und Finanzbericht 2024 von Ärzte ohne Grenzen Schweiz ist online abrufbar. Weitere Informationen finden Sie unter folgendem Link.
Lukas Nef