Jemen: MSF verurteilt Luftangriff auf Hochzeitsfeier in Hadscha

«Alle Konfliktparteien müssen sich zum Schutz der Zivilbevölkerung verpflichten.»

Teams der Hilfsorganisation Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) haben im Spital von Hadscha im Norden des Jemen 63 Opfer eines Luftangriffs auf eine Hochzeitsgesellschaft behandelt. Ein Flugzeug der von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten geführten Militärkoalition hatte am späten Sonntagabend eine Serie von Angriffen auf ein abgelegenes Dorf im Distrikt Bani Kais geflogen, wo die Feier stattfand.

«Angriffe auf Zivilisten sind eine gravierende Verletzung des internationalen Völkerrechts. Was in Bani Kais geschehen ist, ist empörend: 13 der Verletzten sind Kinder. Die Menschen erreichten das Spital in Festkleidung, die traditionell zu Hochzeiten getragen wird. Niemand war bewaffnet oder kam in Millitäruniform an», berichtet João Martins, Landeskoordinator von MSF im Jemen.

Die Angriffe hatten gegen 23 Uhr stattgefunden. Die Verwundeten wurden sofort mit Eseln weggebracht, da die einzigen beiden Autos im Dorf bei den Angriffen zerstört worden waren. Ersthelfer und zwei Krankenwagen aus dem Spital in Hadscha kamen erst mit Verspätung im Dorf an, weil die Flugzeuge, die weiterhin über ihnen kreisten, weitere Angriffe befürchten liessen. Die Krankenwagen transportierten bis zu sechs Patienten gleichzeitig in das Spital. Die Klinik nahm den ersten Patienten um Mitternacht auf.

«Ich war im Hochzeitszelt, als ich die Luftangriffe hörte. Danach bin ich hingefallen und habe das Bewusstsein verloren», erzählte der 12-jährige Kamal unseren Teams. «Als ich aufwachte, sah ich, dass die Menschen aus dem Zelt rannten. Einer meiner Cousins starb bei dem Angriff.»

Darees, der auch auf der Hochzeit war, verliess das Zelt 20 Minuten vor dem Angriff. Als er zurückkam, bot sich ihm ein chaotisches Bild mit Leichen am Boden, überall war Blut. Kinder suchten verzweifelt nach ihren Eltern. «Unter den Toten waren auch Kinder. Sie spielten draussen, während ihre Eltern im Zelt feierten. Dann passierte der Angriff», erklärt er.

Die meisten Verletzten hatten Gliedmassen verloren oder wiesen Wunden durch Granatsplitter auf. Mindestens drei Patienten benötigten eine Amputation, darunter zwei Brüder, die beide einen Fuss verloren hatten. Viele Bewohner von Hadscha kamen ins Spital, um Blut zu spenden. In zwei Stunden wurde genug für 150 Blutbeutel zur Behandlung der Verletzten gespendet.

«Eine Frau ist ins Spital gekommen und hat panisch nach ihrem Sohn gesucht. Er war bei der Hochzeit und sie weiss nicht, was mit ihm passiert ist. Viele Frauen und Kinder im Ort sind in einem Schockzustand und wissen nicht, was mit ihren Angehörigen passiert ist», sagt Sally Thomas, Projektkoordinatorin von MSF in Hadscha.

«Konfliktparteien müssen nach den Grundsätzen der Verhältnismässigkeit und der Vorsicht handeln», betont Landeskoordinator João Martins. «Zudem müssen sie zwischen Zivilisten und Kombattanten unterscheiden. Angriffe, die Zivilisten verletzen könnten, sind verboten. Die Regeln des Krieges werden im Jemen ständig verletzt. Alle Konfliktparteien müssen sich zum Schutz der Zivilbevölkerung verpflichten. Und alle Parteien, die den Konflikt mit dem Verkauf von Waffen anheizen, sollten ihrer Verantwortung gerecht werden und dafür sorgen, dass internationales Recht zum Schutz der Zivilbevölkerung eingehalten wird.»
 
MSF ist eine unabhängige medizinische Nothilfeorganisation, die im Jemen in 13 Spitälern und Gesundheitszentren arbeitet und mehr als 20 Spitäler oder Gesundheitszentren in 11 jemenitischen Provinzen unterstützt: in Tais, Aden, Ad Dhale, Saada, Amran, Hadscha, Ibb, Sanaa, Abjan, Shabwa und Lahdsch

Kontakt
Anaïs Ludolph Media Coordinator, Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF)
Lukas Nef Communications Officer, Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF)
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Lukas Nef Communications Officer, Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF)
Über Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF)

MSF ist eine unabhängige medizinische Hilfsorganisation. MSF hilft Menschen in Not, Opfern von Naturkatastrophen sowie von bewaffneten Konflikten - ungeachtet ihrer ethnischen Herkunft, religiösen oder politischen Überzeugung oder ihres Geschlechts.


1999 erhielt MSF den Friedensnobelpreis.

Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF)
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