Jordanien: Zugang zu medizinischer Versorgung für syrische Flüchtlinge gefährdet

Genf/Amman. Einen Tag vor Beginn der Geberkonferenz für Syrien fordert die Hilfsorganisation Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) von der internationalen Gemeinschaft mehr Geld für die Gesundheitsversorgung von syrischen Flüchtlingen in den Nachbarstaaten. Jordanien hat kürzlich beschlossen, für syrische Flüchtlinge die Kosten für die Gesundheitsversorgung zu erhöhen. Dies dürfte den Zugang der Flüchtlinge zu medizinischer Hilfe zusätzlich erschweren. Bereits jetzt gehen viele der aus Syrien Geflüchteten nicht zum Arzt, weil eine Behandlung für sie unbezahlbar ist. Besonders hilfebedürftig sind diejenigen Flüchtlinge, die nicht in Lagern untergekommen sind.

Dadurch, dass die subventionierte Gesundheitshilfe für syrische Geflüchtete in Jordanien im Februar aufgehoben wurde, müssen die Flüchtlinge nun 80 Prozent der «Ausländerrate» zahlen. Dies bedeutet einen Kostenanstieg auf das bis zu Fünffache. «Wir sind besorgt, dass syrische Familien nun die Gesundheitsversorgung für sich oder ihre Familienmitglieder zugunsten anderer notwendiger Lebenshaltungskosten, wie Mieten, vernachlässigen werden. Syrer könnten beispielsweise auf Selbstmedikation oder alternative, weniger kostspielige Mittel zurückgreifen, die unzureichend oder sogar schädlich sein könnten», sagt Brett Davis, Landeskoordinator in Jordanien.

Viele der Geflüchteten haben bereits seit November 2014 Probleme, medizinische Versorgung zu erhalten. Damals wurde die unentgeltliche medizinische Hilfe für syrische Flüchtlinge eingestellt, die ausserhalb der Flüchtlingslager in Jordanien lebten. Laut einer Umfrage von MSF im Jahr 2016 berichteten 30,2 Prozent der Erwachsenen, die eine medizinische Versorgung benötigten, dass sie diese nicht in Anspruch nehmen, weil diese unbezahlbar sei. Das durchschnittliche Einkommen pro Haushalt pro Monat betrug 239 Jordanische Dinare (rund 330 CHF), und 79,3 Prozent der Haushalte waren verschuldet.

«Früher konnte ich meine Töchter, wenn sie krank waren, immer zum Arzt bringen», erzählt Khalida S., eine 38-jährige syrische Patientin. «Jetzt ist das nicht mehr möglich, weil der Preis für einen Arztbesuch auf neun jordanische Dinare (rund 12 CHF) gestiegen ist und ich mir das nicht leisten kann.» Manche haben begonnen, direkt in die Apotheken zu gehen, um so die Behandlungsgebühren zu vermeiden. «Meine Frau hat unser Kind zur Klinik gebraucht, wo sie mehr Geld als früher von ihr verlangt haben, also ging sie gleich weiter zur Apotheke», sagt der 43 Jahre alte Jamil R. Die grösste Sorge ist jedoch für viele, ob sie sich in einem Notfall medizinische Versorgung oder eine Operation leisten können. Ein Kaiserschnitt zum Beispiel kostet umgerechnet rund 950 CHF.

Die neue jordanische Richtlinie hat auch dazu geführt, dass mehr und mehr syrische Flüchtlinge versuchen, die kostenlose medizinische Hilfe von MSF in Anspruch zu nehmen. Die Teams der Organisation verzeichneten im März einen Patientenanstieg von 20 Prozent in ihren Projekten für Mutter-Kind- und medizinische Grundversorgung. Manche Patienten nehmen dafür eine lange Anreise in Kauf.

MSF leitet in Jordanien Projekte in Ramtha, Irbid, Mafrak und Amman.

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Anaïs Ludolph Media Coordinator, Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF)
Lukas Nef Communications Officer, Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF)
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Über Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF)

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1999 erhielt MSF den Friedensnobelpreis.

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