Kenia: „Eine übereilte Schliessung der Flüchtlingslager wird verheerende Folgen haben“

Am 23. März forderte der kenianische Innenminister, Fred Matiang’i, das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) auf, innerhalb von 14 Tagen einen Plan zur Schliessung der Flüchtlingslager Dadaab und Kakuma vorzulegen. In den beiden Lagern leben insgesamt fast eine halbe Million Menschen. Den vom UNHCR daraufhin vorgelegten Plan zur Schliessung der Lager bis Dezember 2022 wies die kenianische Regierung zurück.

Der Oberste Gerichtshof Kenias hat den Prozess zur Schliessung der Camps derzeit gestoppt, bis eine Petition geprüft ist, nach der die erzwungene Schliessung nicht verfassungsgemäss sei.

Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) betreibt ein Spital und zwei Gesundheitsposten im Dagahaley-Camp, einem Teil des Lagers Dadaab, und bietet dort Gesundheitsversorgung für Geflüchtete und die lokale Bevölkerung an.

Zum Plan der Schliessung der Flüchtlingslager sagt Dana Krause, Landeskoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen in Kenia:

„Kenias Forderung, die Flüchtlingslager im Land zu schliessen, wird verheerende Folgen für die Geflüchteten haben, wenn nicht zugleich alternativen Lösungen angeboten werden. Die Unsicherheit für eine halbe Million Menschen wird so noch verstärkt, denn sie werden im Unklaren darüber gelassen, was in Zukunft mit ihnen passieren wird.

Die Covid-19-Pandemie ist in Kenia und den umliegenden Ländern in vollem Gange, und die Lage in Somalia ist derzeit zunehmend instabil. Die meisten Geflüchteten in Dadaab stammen ursprünglich aus Somalia. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung, die Camps zu schliessen, unverantwortlich und inhuman, denn sie beraubt die Menschen der einzigen Option, die ihnen bleibt.

Ohne sichere Alternativen wird eine übereilte Schliessung der Lager die Geflüchteten in Lebensgefahr bringen und ihnen ihre Würde nehmen. Auch die Suche nach dauerhaften Lösungen würde weiter erschwert. Die Covid-19-Pandemie hat bereits alle Fortschritte hin zu dauerhaften Lösungen zum Stillstand gebracht: Die Umsiedlung von Geflüchteten ist in den vergangenen Jahren dramatisch zurückgegangen. Gleichzeitig ist auch die Integration von Menschen aus Dadaab in lokale Gemeinschaften gemäss des „Sozioökonomische Entwicklungsplan in Garissa“ zum Erliegen gekommen.

Eine Rückkehr nach Somalia ist für die Geflüchteten derzeit unmöglich. Die Unsicherheit in Somalia ist weiterhin enorm, akute Wasserknappheit und dürreähnliche Verhältnisse sorgen sogar für neue Vertreibungen innerhalb des Landes. Die Rückkehr von Menschen nach Somalia kann daher nur freiwillig erfolgen.

Eine Entscheidung, die sich auf das Leben der Geflüchteten so drastisch auswirkt, muss zudem deren eigene Pläne und Wünsche berücksichtigen. Zumindest muss ihre Stimme an den Verhandlungstischen gehört werden, an denen die Entscheidungen über die Zukunft der Lager getroffen werden.“

Im Zusammenhang dazu finden Sie untenstehend ein Bericht von Adrian Guadarrama, dem stellvertretenden Programmverantworltichen für Kenia am Hauptsitz von MSF Schweiz in Genf. Er war Ende März vor Ort in Dagahaley.

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Lukas Nef Communications Officer, Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF)
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