Mayotte: Ärzte ohne Grenzen sieht enormen Bedarf und steht für Nothilfe bereit
Sechs Tage, nachdem die Insel Mayotte von dem stärksten Zyklon seit 90 Jahren getroffen wurde, ist der Bedarf an Hilfe enorm. Es mangelt am Zugang zu Nahrungsmitteln, Wasser, sanitären Einrichtungen, Strom, Unterkünften, Baumaterialien und medizinischer Grundversorgung. Für die Bereitstellung von Hilfsgütern müssen jedoch dringend die Kommunikationsmittel und Verkehrswege wieder hergestellt werden. Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) steht bereit, um den konkreten Bedarf der Inselgruppe zu ermitteln und Nothilfe zu leisten. Die Organisation will Teams und Ausrüstung entsenden, sobald die Bedingungen es zulassen.
«Trotz der massiven Zerstörungen ist die Zahl der Schwerverletzten relativ gering, und es scheint, dass sie in der Lage waren, ein Spital zu erreichen. Nach unseren ersten Beobachtungen hat der Wirbelsturm besonders in den informellen Siedlungen gewütet – vor allem in Kaweni, der grössten des Landes. Dort sind etwa 17’000 Menschen zusammengepfercht und die Wohnverhältnisse sehr prekär.
Die Bewohner:innen haben alles verloren und sind nun dabei, ihre Häuser mit blossen Händen wieder aufzubauen, manchmal ohne Schuhe oder Schutz, was zu Wunden führt, die sich infizieren können. Insgesamt ist klar, dass der Bedarf an Hilfe enorm ist», erklärt Yann Santin, Nothilfekoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Mayotte.
Nach grossen Naturkatastrophen dieser Art geht es vor allem darum, den Zugang zu Wasser, sanitären Einrichtungen und medizinischer Gesundheitsversorgung – zum Beispiel durch mobile Kliniken – wiederherzustellen. Betroffene müssen psychologisch betreut werden und Durchfallerkrankungen verhindert werden. Nach der Cholera-Epidemie im Sommer besteht nun die Gefahr eines erneuten Ausbruchs.
«Die Bewohner:innen der zerstörten informellen Siedlungen lebten schon vor dem Zyklon unter sehr prekären Bedingungen. Wir wissen bereits, dass die Massnahmen der Regierung nicht ausreichen werden, um all ihre Bedürfnisse in der erforderlichen Zeit zu decken. Wir stehen bereit, ein grösseres Team zu entsenden, um die Bedarfe noch genauer zu analysieren und zusätzliche Unterstützung zu leisten», so Santin.
Die gesundheitliche Lage der Menschen in Mayotte war schon vor dem Zyklon sehr kritisch. Nach Angaben des französischen Nationalen Instituts für Statistik und Wirtschaftsstudien (INSEE) leben zwei Drittel der insgesamt mehr als 300’000 Menschen zählenden Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, ein Drittel hat kein ausreichendes Trinkwasser, und es gibt grosse Probleme beim Zugang zur Gesundheitsversorgung.
Zwischen Mai und September 2024 leistete Ärzte ohne Grenzen Hilfe bei der Bekämpfung einer Cholera-Epidemie. Das Team unterstützte Massnahmen zur Gesundheitsförderung in den Siedlungen Kaweni, Passamainty, Vahibé und Mirereni sowie Initiativen zur Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und Verbesserung der Hygiene.
Johanna Spitz