Nauru: Regierung zwingt Ärzte ohne Grenzen nun auch zur Beendigung von Telemedizin

Nauru: Regierung zwingt Ärzte ohne Grenzen nun auch zur Beendigung von Telemedizin

Kurz nach dem Start telemedizinischer psychologischer Betreuung von Patienten auf Nauru ist Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) gezwungen, dieses Angebot wieder zu beenden. Grund ist eine neue Richtlinie der Regierung der Pazifikinsel, die die Ausübung von Telemedizin verbietet. Das Telemedizinprogramm richtete sich an jene Patienten, die die Hilfsorganisation zurücklassen musste, als sie im Oktober 2018 gezwungen wurde, die Insel zu verlassen. Die neue Regelung ist ein weiterer Schritt, um unabhängige medizinische Hilfe auf Nauru zu behindern.

„Diese Vorschriften stellen ein neues großes Hindernis für die unabhängige medizinische Versorgung auf der Insel dar. Die Entscheidung verringert den Zugang zu psychologischer Unterstützung für Flüchtlinge und Asylbewerber sowie die Einwohner von Nauru", sagte Paul McPhun, Geschäftsführer von MSF in Australien. Die Regierung auf Nauru erließ die neuen Vorschriften am 22. Februar, kurz nachdem MSF das telemedizinisches Hilfsangebot gestartet hatte.

In den zwei Wochen seit dem Start des Telemedizinangebots haben mehr als 40 ehemalige Patienten mit MSF Kontakt aufgenommen, um daran teilzunehmen. Das bestärkt die Organisation in ihrer Einschätzung, dass die Versorgung auf der Insel selbst ungenügend ist, und dass der Bedarf an unabhängiger psychologischer Hilfe weiterhin hoch ist.

„Die plötzliche erzwungene Aussetzung der Hilfe wird erneut belastende Auswirkungen auf die Patienten haben, die wir im Oktober auf der Insel zurücklassen mussten“, sagt McPhun. „Wir fordern die Regierung von Nauru dringend auf, die neuen Vorschriften zu überdenken und das Angebot für einen zusätzlichen psychologischen Dienst für die Insel anzunehmen. Wir wissen nicht, was diese Menschen noch aushalten können.“

Die psychischen Probleme der Flüchtlinge und Asylsuchenden auf Nauru gehören zu den schwerwiegendsten, die Mitarbeitende von MSF weltweit erlebt haben. Sogar in Projekten für Folteropfer gab es nicht ein solches Ausmaß an psychischem Leid. Viele der Männer, Frauen und Kinder haben mehr als fünf Jahre auf Nauru zugebracht, mit katastrophalen Auswirkungen auf ihre psychische Gesundheit. Von den 208 Flüchtlingen und Asylsuchenden, die MSF im Laufe von 11 Monaten auf Nauru behandelt hat, haben 30 Prozent versucht, sich das Leben zu nehmen, und 60 Prozent haben über einen Suizid nachgedacht. Zu diesem Ergebnis kommt der Bericht „Indefinite Despair“, den MSF im Dezember 2018 veröffentlicht hat.

Grundsätzlich fordert MSF, dass alle Asylsuchenden und Flüchtlinge sofort an sicheren Orten außerhalb Naurus untergebracht werden. Sie und ihre Familien müssen schnellstens die Möglichkeit haben, sich irgendwo permanent niederzulassen und sich ein neues Leben aufzubauen.

Photocredits: MSF

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Louisa Bühler Media Coordinator, Team Medien/Events (Assistant)
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1999 erhielt MSF den Friedensnobelpreis.

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