Pandemieabkommen: Ärzte ohne Grenzen begrüsst Fortschritte bei Verhandlungen
Nach mehr als drei Jahren intensiver Beratungen über das Abkommen zur Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden die Länder die Verhandlungen heute voraussichtlich abschliessen. Obwohl das Abkommen mehrere Kompromisse enthält, gibt es im Text viele positive Elemente, die einen neuen Rahmen für eine gerechtere und ausgewogenere Pandemievorsorge und -reaktion schaffen. Es wird erwartet, dass der endgültige Text – sofern er angenommen wird – auf der Weltgesundheitsversammlung (WHA) im Mai verabschiedet wird. Die Verhandlungen über einen Anhang, in dem der sogenannte PABS-Mechanismus beschrieben wird, der Mechanismus zum Informationsaustausch über Krankheitserreger und einen Vorteilsausgleich, werden nach der WHA fortgesetzt. Eine endgültige Einigung, auch über Bestimmungen zur Weitergabe von Technologien, steht noch aus.
Nachstehend die Aussagen der internationalen medizinischen Leiterin von Ärzte ohne Grenzen, Dr. Maria Guevara, zu den Verhandlungen:
«Als internationale medizinische Nothilfeorganisation hat Ärzte ohne Grenzen in den vergangenen 50 Jahren auf zahlreiche medizinische Notsituationen reagiert – von HIV und Tuberkulose bis Ebola und COVID-19. Immer wieder haben wir erlebt, dass Menschen in humanitären Krisen sowie in ärmeren Ländern keinen oder keinen rechtzeitige Zugang zu bezahlbarer medizinischen Versorgung/Medikamenten hatten.
Da die Verhandlungen über den Text des Abkommens heute abgeschlossen werden sollen, begrüssen wir die Aufnahme mehrerer positiver Elemente in den Entwurf des Pandemieabkommens. Sie senden ein starkes Signal der weltweiten Solidarität und demonstrieren ein kollektives Engagement für eine integrative, transparente Regierungsführung und die notwendige Rechenschaftspflicht, um sich besser auf künftige Pandemien und Gesundheitsnotfälle vorzubereiten.
Wir fordern die Länder auf, den heute eingegangenen Verpflichtungen Taten folgen zu lassen. Es ist an der Zeit, den Menschen weltweit Vorrang vor Profiten und nationalen Einzelinteressen einzuräumen und dafür zu sorgen, dass lebensrettende medizinische Hilfsmittel diejenigen erreichen, die sie am dringendsten brauchen. Wir hoffen auch, dass die Bestimmung über den Technologietransfer fertiggestellt und von den Ländern angenommen wird, da sie ein entscheidendes Element für die Unterstützung des Zugangs zu medizinischen Gegenmassnahmen für Menschen weltweit ist.
Ärzte ohne Grenzen begrüsst die positiven Elemente des Entwurfs des Abkommens, die kritischen Lücken beim Zugang zu medizinischen Hilfsmitteln zu schliessen, die während der COVID-19-Pandemie und vielen anderen gesundheitlichen Notfällen in der Vergangenheit aufgetreten sind:»
Nachstehend finden Sie die angesprochenen Punkte aus dem Entwurf des Abkommens in englischer Sprache:
Priority access for frontline workers: committing to ensure priority access to medical products for healthcare workers during emergencies;
- Humanitarian access: committing to facilitate rapid access to humanitarian relief during emergencies;
- New Pathogen Access and Benefit-Sharing Mechanism: establishing a system through which pharmaceutical corporations using this mechanism will allocate a portion of the resulting medical product for further supply to countries through WHO;
- Global Supply Chain and Logistics Network: a new mechanism with a clear governance and oversight structure – learning from the shortcomings of the ACT-A mechanism, set up during the COVID-19 pandemic – focused on equitable allocations of medical tools, the promotion of transparency across the value chain, and coordination of international and regional stockpiles, including enabling unimpeded access to medical products in humanitarian settings;
- Groundbreaking research and development (R&D) access requirements: for the first time in international health law, governments will be obligated to develop and implement policies that include global access conditions into public R&D funding agreements with pharmaceutical corporations and public-private partnerships. These conditions could include requirements for transfer of technology, non-exclusive licensing to developing countries, transparency of clinical trials, affordable pricing, and compliance with the WHO’s equitable allocation framework;
- Equity for trial participants and their communities: promoting access to health products for clinical trials participants and their communities at risk;
- Transparency in purchasing agreements: commitments by governments to take measures to publish relevant terms of publicly funded purchase agreements, incorporate conditions to facilitate global access, including on licensing to manufacture, and exclude confidentiality provisions that can hinder the disclosure of public purchase agreements; and
- Fairer procurement policy: committing to avoid excessive national stockpiles and to consider setting aside a portion of national procurements to support countries facing access challenges.
Yvonne Eckert