Russland: So hilft Ärzte ohne Grenzen Vertriebenen aus der Ukraine
Mehr als 10 Millionen Menschen hat der Konflikt in der Ukraine laut UN-Angabe seit Ende Februar vertrieben. Viele von ihnen suchen in Nachbarländern Zuflucht – ein Viertel sogar in Russland.
Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) unterstützt derzeit verschiedene medizinische Einrichtungen vor Ort. Die Teams behandeln beispielweise Menschen mit chronischen Krankheiten, HIV und psychischen Leiden. Ausserdem bietet die Organisation über eine eigens dafür eingerichtete Telefon-Hotline seit Mai Beratungen in gesundheits- und rechtsbezogenen Themen an. Sie erfahren zudem, wie und wo sie in Russland kostenlos medizinisch versorgt werden können.
Insgesamt sind rund 2,4 Millionen Menschen nach Russland geflüchtet. Ein grosser Teil befindet sich momentan im Süden des Landes, unter anderem in den Regionen Woronesch, Rostow am Don und Belgorod. In Woronesch arbeitet das Team von Ärzte ohne Grenzen mit lokalen Nichtregierungsorganisationen zusammen, um Hilfsgüter wie Nahrungsmittel, Hygieneartikel und medizinisches Verbrauchsmaterial zu verteilen.
Ärzte ohne Grenzen ist schon seit 2020 in St. Petersburg und Moskau im Einsatz. Mit Hilfe von anderen Organisationen, Sozialarbeiter:innen und dem Gesundheitspersonal vor Ort möchte Ärzte ohne Grenzen zwischen den Vertriebenen und den verfügbaren medizinischen und humanitären Dienstleistungen eine Brücke bilden. Die Teams von Ärzte ohne Grenzen haben rund 500 Vertriebenen mit chronischen Krankheiten den Zugang zu medizinscher Versorgung erleichtert. Auch Menschen mit anderen Gesundheitsproblemen wie zum Beispiel Herz-Kreislauf- oder Krebserkrankungen werden von den MSF-Teams behandelt und bei Bedarf operiert.
Auch auf die Psyche der Vertriebenen hat der aktuelle Konflikt verheerende Auswirkungen. Viele Menschen haben alles verloren und bangen um ihre Zukunft. Familien werden getrennt; manche von ihnen leben auf gegenüberliegenden Seiten der Frontlinie. Angstzustände, Schlafstörungen, Panikattacken und Depressionen sind weit verbreitet. Mit psychologischen Therapiesitzungen hilft MSF Betroffenen, die teils schwer traumatisierenden Erlebnisse zu verarbeiten.
«Als medizinisch-humanitäre Organisation hat sich Ärzte ohne Grenzen verpflichtet, mit den Diensten vor Ort zusammenzuarbeiten und den Vertriebenen in medizinischer Hinsicht zu helfen. Wir planen, unsere Hilfsaktivitäten auf den Donbass und die von Russland kontrollierten Gebiete auszuweiten», sagt Nicolas Peissel, Notfallmanager von Ärzte ohne Grenzen.
Interviews mit Nicolas Peissel auf Englisch sind möglich.