Schliessung des Internierungslagers Misrata bedeutet eine weitere Verschlechterung der Lage von Migrantinnen, Migranten und Flüchtlingen

Nach der Schliessung eines Internierungslagers in Misrata wurden Migrantinnen, Migranten und Flüchtlinge in andere Einrichtungen des Landes gebracht. Dort drohen ihnen noch unmenschlichere Haftbedingungen.

Am 14. Oktober schlossen die libyschen Behörden das Internierungslager Karareem in Misrata, in der Küstenregion Libyens, und überführten mehr als hundert Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten, die willkürlich in dieser Einrichtung festgehalten wurden, in zwei andere Internierungslager der Region, Zliten und Souq Al Khamees. Die Haftbedingungen in diesen beiden Zentren sind laut Angaben sowohl des UNHCR als auch der libyschen Behörden äusserst schlecht. Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) hat darauf mehrmals aufmerksam gemacht.

Männer, Frauen und Kinder, die monatelang und in vielen Fällen jahrelang willkürlich festgehalten wurden und kaum Zugang zu Nahrungsmitteln, Wasser und frischer Luft hatten, werden nun denselben unmenschlichen Bedingungen ausgesetzt sein. Einige von ihnen wurden während ihres Aufenthalts im Land Opfer von Folter und Menschenhandel.

Endloser Kreislauf der Gewalt
„Die Schliessung eines Internierungslagers wäre ein positiver Schritt, wenn die Geflüchteten Bewegungsfreiheit, Schutz und Unterstützung erhalten würden. Nun aber werden sie von einem Internierungslager ins nächste verlegt, und ihre Haftbedingungen werden immer schlechter. Sie stecken in einem endlosen Kreislauf von Verzweiflung und Gewalt fest. Das Mindeste wäre, sie in einer sichereren Umgebung zu entlassen und sie zu versorgen", erklärt Sacha Petiot, Einsatzleiter von MSF in Libyen.

Der im April um Tripolis ausgebrochene bewaffnete Konflikt hat die Situation für die Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten noch gefährlicher gemacht. Vor allem werden sie in Gebieten festgehalten, in denen es zu Zusammenstössen kommt. Nach dem tragischen Tod von geschätzten 60 Menschen während eines Luftangriffs auf das Internierungslager in Tajoura am Abend des 2. Juli, wurden Rufe nach einer Schliessung der Internierungslager in Libyen lauter - selbst von Seiten der libyschen Behörden.

Kein sicherer Ort in Libyen
In Libyen gibt es derzeit keinen sicheren Ort, an dem Geflüchtete Schutz und Hilfe finden können. Die einzige vom UNHCR verwaltete Einrichtung, die Gathering and Departure Facility (GDF) in Tripolis, hat keine Kapazitäten mehr. Das UNHCR ist laut eigenen Angaben nicht mehr imstande, weitere gefährdete Menschen aufzunehmen.

„Wir brauchen mehr lebensrettende Evakuierungen ausserhalb von Libyen. Und es muss dringend eine Alternative zu den Internierungen gefunden werden wie etwa die Einrichtung von Unterkünften zum sofortigen und vorübergehenden Schutz in Libyen. Andernfalls sind die am stärksten gefährdeten Flüchtlinge nicht nur zu endlosen Internierungen verdammt sondern auch grossen Bedrohungen und Leid ausgesetzt", sagt Petiot.

MSF arbeitet seit 2016 in libyschen Internierungslagern und bietet allgemeine und psychologische Gesundheitsversorgung und Notfallüberweisungen an Spitälern an, um das Leid von Flüchtlingen, Asylwerberinnen und Asylwerbern sowie willkürlich inhaftierten Migranten und Migrantinnen zu lindern und die unmenschlichen Bedingungen der Inhaftierung aufzuzeigen. MSF bekräftigt seine Forderung nach Freilassung der Internierten sowie nach einer Ausweitung der Evakuierungen ausserhalb Libyens und nach Beendigung der EU-Politik der gewaltsamen Rückführung jener Geflüchteter, die versuchten, über das Mittelmeer zu fliehen.

Zusätzlich zu den Hilfsprogrammen in Libyen ist MSF auch im Zentralen Mittelmeer zusammen mit SOS Méditerranée an Bord des Such- und Rettungsschiffes Ocean Viking tätig, da Flüchtlinge und Migranten und Migrantinnen weiterhin ihr Leben riskieren, um den schrecklichen Zuständen in Libyen zu entkommen, und effektive Such- und Rettungskapazitäten weiterhin fehlen.

Kontakt
Lukas Nef Communications Officer, Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF)
Lukas Nef Communications Officer, Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF)
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