Statement zum Ministertreffen in Valetta

Statement zum Ministertreffen in Valetta

Hassiba Hadj-Sahraoui, MSF Beraterin für humanitäre Angelegenheiten für Such- und Rettungsaktionen und Libyen

"Das heutige Treffen in Valletta bietet den europäischen Staats- und Regierungschefs die Möglichkeit, die tödliche Migrationspolitik, die unzählige Menschenleben gekostet hat, zu überdenken.

Es ist beschämend, dass die europäischen Staats- und Regierungschefs zugelassen haben, dass Ad-hoc-Ausschiffungen zur neuen Normalität wurden. Bereits seit über einem Jahr, müssen Tausende verwundbare Männer, Frauen und Kinder, die vor den Schrecken Libyens flohen, tagelang und wochenlang auf See ausharren.

Ein gefährlicher Präzedenzfall wurde geschaffen - in den 15 Monaten seit der ersten Verweigerung eines Hafens für das Anlanden des Rettungsschiffs Aquarius gab es 30 weitere ähnliche Situationen im Mittelmeer. Zählt man die Tage zusammen, an denen Rettungsschiffe im Mittelmeer blockiert wurden, summieren sich diese zu insgesamt 261 Tagen. Dies entspricht fast neun Monaten, in denen nahezu 4’000 verwundbare Männer, Frauen und Kinder auf See blockiert waren, während die Staats- und Regierungschefs der EU mit ihrem Schicksal spielten.

Wir wissen, dass Tage und sogar Stunden entscheidend sein können. Allein in diesem Jahr haben bisher 658 Menschen im zentralen Mittelmeer ihr Leben verloren - erst vergangene Woche ertranken weitere 14 vor der Küste Tunesiens.

Jeden Tag, jede Stunde, jede Minute, in denen eines der wenigen verbliebenen zivilen Rettungsschiffe dazu gezwungen ist, länger unterwegs zu sein, um Menschen von Bord zu bringen, hält es davon ab, weitere Geflüchtete zu retten – als Konsequenz davon sind noch mehr Leben in Gefahr.

Was auch immer die Staaten heute vereinbaren, jede Entscheidung wird so lange reine Symbolik bleiben, bis die Staats- und Regierungschefs der EU sich endlich dazu verpflichten, das Leben der Menschen auf See in den Vordergrund zu stellen. Das bedeutet auch die Wiederaufnahme einer staatlichen europäischen Seenotrettung, einem festen Verteilmechanismus, der die Rechte der Geflüchteten schützt, und ein Ende der von der EU-unterstützten Rückführung der Menschen nach Libyen. Andernfalls wird das Treffen heute nur eine kleine symbolische Geste bleiben, zu der die Staaten sich selbst gratulieren, während sie die unmenschlichen Auswirkungen der europäischen Flüchtlingspolitik über den ganzen Kontinent hinweg ignorieren.

Copyright Bild: MSF/Hannah Wallace Bowman

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Louisa Bühler Media Coordinator, Team Medien/Events (Assistant)
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