Statement zum Luftangriff auf das Gefangenenlager Tadschura in Libyen
Es ist nicht das erste Mal, dass Migrantinnen, Migranten und Flüchtlinge ins Kreuzfeuer des Konflikts in Tripolis geraten, der seit Ausbruch Anfang April zu zahlreichen Luftangriffen auf oder in der Nähe von Gefangenenlagern geführt hat. Vor erst acht Wochen haben Granatsplitter das Dach der Frauenabteilung des Lagers zerstört und beinahe ein Kind getroffen.
Derzeit werden pro Person, die in diesem Jahr evakuiert oder umgesiedelt wurde, mindestens zwei Menschen von der EU-finanzierten libyschen Küstenwache nach Libyen zwangsrückgeführt.
Wir brauchen keine leeren Worthülsen, die dieses Ereignis verurteilen, sondern die sofortige Evakuierung aller Migrantinnen, Migranten und Flüchtlinge, die in den libyschen Gefangenenlagern festgehalten werden. Untätigkeit und Gleichgültigkeit haben jetzt erneut verletzlichen Menschen das Leben gekostet. Das wäre vermeidbar gewesen.“
Teams von Ärzte ohne Grenzen leisten trotz des bewaffneten Konflikts in Libyen weiterhin medizinische und humanitäre Hilfe in Internierungslagern, in denen Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten willkürlich gefangen sind. Rund 6’000 Flüchtlinge und Migranten werden in diesen staatlichen Lagern festgehalten, viele von ihnen für Monate oder gar Jahre, ohne ausreichend Essen, Sanitäranlagen, Platz und medizinische Versorgung. Ihre Situation hat sich seit Ausbruch der Kämpfe in der Hauptstadt Tripolis massiv verschlechtert. Manche Internierungslager liegen unmittelbar an der Frontlinie. Im Lager in Sintan etwa leben rund 600 Menschen in einem Hangar, mit nur vier halbwegs funktionierenden Toiletten, ohne Dusche und mit nur sporadischem Zugang zu Trinkwasser. Die medizinische Situation dort ist katastrophal. Ein Tuberkuloseausbruch führte zu mehreren Todesfällen.