Sudan: Administrative Hürden und Unsicherheit behindern humanitäre Hilfe

Obwohl Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF) in elf Bundesstaaten im Einsatz ist, steht der Umfang der Aktivitäten in keinem Verhältnis zu dem enormen Bedarf der sudanesischen Bevölkerung.

Auch mehr als zwei Monate nach Ausbruch des Konflikts im Sudan herrscht extreme Gewalt und es besteht ein enormer medizinischer Bedarf. Dies gilt insbesondere für Khartum und die Region Darfur. Eine dringend nötige Ausweitung der Aktivitäten von Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF) wird durch administrative und bürokratische Beschränkungen stark beeinträchtigt. Sollte diese Situation anhalten, wird es unmöglich sein, adäquate medizinische und humanitäre Hilfe zu leisten, welche die Menschen in dem Land so dringend benötigen.

«Menschen sterben, während das Gesundheitssystem des Landes unter der Last des überwältigenden Bedarfs zusammenbricht», sagt Jean Nicolas Armstrong Dangelser, Notfallkoordinator von Ärzte ohne Grenzen im Sudan. «Die Konfliktparteien im Sudan missachten die Zivilbevölkerung komplett, indem sie die Menschen einem schockierenden Ausmass an Gewalt aussetzen oder medizinische Organisationen daran hindern, ihnen zu helfen.»

Obwohl Ärzte ohne Grenzen im Sudan in elf Bundesstaaten im Einsatz ist, steht der Umfang der Aktivitäten in keinem Verhältnis zu dem Bedarf der Bevölkerung. MSF hat alles getan, um seine Aktivitäten auszuweiten, aber diese Versuche wurden von beiden Konfliktparteien immer wieder behindert, trotz öffentlicher Erklärungen zur Erleichterung von humanitärer Hilfe, einschliesslich der „Verpflichtungserklärung zum Schutz der Zivilbevölkerung des Sudan“.

Die Behörden haben wiederholt die Bewegung von humanitärem und medizinischem Personal sowie von Hilfsgütern zwischen und innerhalb der Staaten behindert, etwa durch die Ablehnung oder Nichtbearbeitung von Reisegenehmigungen. Selbst nach Erteilung dieser Genehmigungen wurden einige Mitarbeiter:innen von Ärzte ohne Grenzen von Sicherheitspersonal an Kontrollpunkten zurückgewiesen, schikaniert, bedroht oder festgenommen.

Ungeachtet wiederholter Anträge und Ersuche haben die sudanesischen Behörden ausserdem deutlich weniger Visa ausgestellt, als Ärzte ohne Grenzen benötigt. Deshalb kann nicht genug Personal entsendet werden, um besser auf den immensen medizinischen Bedarf der sudanesischen Bevölkerung reagieren zu können. Auch wenn einige Visa schliesslich ausgestellt wurden, ist das Verfahren uneinheitlich und unzuverlässig. Diese Ungewissheit macht es schwer, die Ausweitung der Aktivitäten zu planen.

Es ist unklar, ob diese Massnahmen ein bewusster Versuch sind, die humanitäre Hilfe einzuschränken, doch das Ergebnis für die Bevölkerung ist dasselbe: eingeschränkter Zugang zur Gesundheitsversorgung zu einem Zeitpunkt, an dem sie am dringendsten benötigt wird.

Die Arbeit medizinischer und humanitärer Organisationen wird von beiden Konfliktparteien auch physisch behindert. Hilfsgüter von Ärzte ohne Grenzen wurden beschlagnahmt, bewaffnete Gruppen haben Einrichtungen der Organisation geplündert und Mitarbeiter:innen verprügelt und gewaltsam bedroht. Vor allem die sudanesischen Mitarbeiter:innen von MSF waren bei Plünderungen traumatischen Drohungen ausgesetzt, während sie versuchten, ihre sudanesischen Landsleute medizinisch zu versorgen.

Der Konflikt und die weit verbreitete Unsicherheit im Land führen zu einer verzweifelten Situation für die Bevölkerung, die von Kämpfen, Luftangriffen, Tötungen, sexueller Gewalt und Kriminalität betroffen ist. Patient:innen, die aus West-Darfur in den Tschad geflohen sind, wo sie von Ärzte ohne Grenzen behandelt wurden, berichteten über die katastrophale Lage in el-Geneina, wo Menschen auf der Flucht vor der Gewalt erschossen wurden.

Gleichzeitig kämpft das Gesundheitssystem des Landes damit, den immensen Bedarf zu decken, der durch den Konflikt verursacht wurde, ebenso wie den Bedarf, der nicht direkt mit den Kämpfen zusammenhängt. Den Gesundheitseinrichtungen mangelt es an ausreichendem Personal und Material und sie sind in einigen Gebieten kaum funktionsfähig. Die Gewalt erschwert den Menschen den Zugang zur Gesundheitsversorgung. Viele suchen medizinische Einrichtungen zu spät auf, da es zu gefährlich ist, dorthin zu reisen.

Yvonne Eckert

Medienverantwortliche, Médecins Sans Frontières (MSF)

 

 

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