Sudan: Transportverbot von medizinischen Gütern gefährdet lebensrettende chirurgische Hilfe
Das Verbot des Transports von lebensrettenden chirurgischen Hilfsgütern zu Spitälern in den von Rapid Support Forces kontrollierten Teil von Sudans Hauptstadt Khartum gefährdet das Leben von Hunderten von Menschen. Vor allem Schwangeren, die einen Kaiserschnitt benötigen, fehlt die nötige Hilfe. Ärzte ohne Grenzen fordert deshalb die sofortige Rücknahme des Verbots.
Mit dem seit Anfang September geltenden Verbot, über das Ärzte ohne Grenzen am 2. Oktober von den sudanesischen Behörden informiert wurde, soll verhindert werden, dass verwundete Soldaten in der Hauptstadt Khartum medizinische Hilfe erhalten. Das verstösst nicht nur gegen das internationale Kriegsrecht - zu dem sich die Konfliktparteien im Sudan in der Erklärung von Jeddah im Mai erneut bekannt haben -, sondern hat zwangsläufig tödliche Folgen für die Zivilbevölkerung, die auch keine medizinische Hilfe und Behandlung erhalten können
«Das Verbot ist eine skrupellose Taktik, die in den kommenden Wochen wahrscheinlich den vermeidbaren Tod von Hunderten von Menschen in Khartum zur Folge haben wird», sagt Claire Nicolet, Notfallkoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen im Sudan. «Zwei Drittel der Operationen, die wir im Türkischen Krankenhaus im Süden Khartums durchführen, sind Kaiserschnitte. Allein in den letzten zwei Monaten haben wir 170 solcher Eingriffe vorgenommen - ohne sie wären viele der Frauen und ihre Neugeborenen gestorben», sagt Nicolet. «Frauen in den Wehen, die einen Kaiserschnitt benötigen, haben in Khartum schon jetzt nur sehr wenige Möglichkeiten. Wenn uns weiterhin die Erlaubnis verweigert wird, chirurgisches Material in unser Spital zu bringen, werden sie bald gar keine Möglichkeiten mehr haben.»
Ärzte ohne Grenzen behandelt Kriegsverletzte entsprechend ihrer medizinischen Bedürfnisse, unabhängig davon, ob sie gekämpft haben oder ins Kreuzfeuer geraten sind. Im Oktober musste die Organisation bereits die chirurgische Versorgung im Bashair Teaching Hospital einstellen - wegen der Blockade von Transporten mit Medikamenten und Material. Das Türkische Krankenhaus ist nun eine der wenigen Einrichtungen im Süden Khartums, die über einen voll funktionsfähigen Operationssaal verfügt. Nach mehreren Vorfällen mit vielen Verletzten reicht das medizinische Material dort nicht einmal mehr für einen Monat. «Obwohl viele Teile der sudanesischen Regierung, internationale Organisationen und diplomatischer Akteure, die sich mit der Krise im Sudan befassen, über dieses Verbot informiert wurden, haben sie bisher nichts unternommen. Die herzlose Entscheidung, Frauen in den Wehen leiden und einige sterben zu lassen, als eine Nebenwirkung der unmenschlichen Taktik, verwundete Kämpfer verbluten zu lassen, ist grausam und muss rückgängig gemacht werden», fordert Claire Nicolet von Ärzte ohne Grenzen.
Das Verbot wirkt sich nicht nur auf den Transport von Hilfsgütern aus. Seit Anfang Oktober wurde keinem einzigen medizinischen Mitarbeitenden - weder aus dem Sudan noch aus dem Ausland - die Genehmigung erteilt, zum Arbeiten nach Süd-Khartum zu reisen. Auch die Fahrgenehmigungen für LKW von Ärzte ohne Grenzen voller Hilfsgüter werden weiterhin verweigert.