Südsudan: Ärzte ohne Grenzen verurteilt Plünderung des Spitals in Ulang aufs Schärfste
Am Morgen des 14. April haben Dutzende bewaffnete Männer die medizinische Einrichtung und das Büro von Ärzte ohne Grenzen in Ulang im Bundesstaat Upper Nile gestürmt, das Personal bedroht und lebenswichtige medizinische Güter und Geräte mitgenommen. Infolgedessen wurden alle medizinischen Dienste des einzig funktionierenden Spitals in der Region eingestellt.
«Wir sind entsetzt über den Angriff auf unser Spital und die Drohungen gegen unser medizinisches Personal in Ulang», sagt Zakariya Mwatia, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen im Südsudan. «Diese Einrichtung ist in einer Zeit eskalierender Gewalt und eines aktiven Choleraausbruchs ein Rettungsanker für die Menschen gewesen. Solche Angriffe auf Spitäler und medizinisches Personal sind absolut inakzeptabel. Wir sind sehr besorgt über die verheerenden Auswirkungen, die die Schliessung der medizinischen Dienste haben wird.»
In der Nacht des 13. April, als die gewalttätigen Ausschreitungen immer näher an die Stadt Ulang heranrückten, begannen die Patient:innen aus Angst aus dem Spital zu fliehen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren mehr als 100 Patient:innen in der Einrichtung und erhielten lebensrettende Behandlungen, Traumabehandlungen und pädiatrische Versorgungen - zudem befanden sich schwangere Frauen im Entbindungsprozess. Einige Patient:innen blieben so lange wie möglich, mussten aber fliehen, als die bewaffneten Männer in die Einrichtung eindrangen und systematisch Raum für Raum plünderten.
Obwohl keine verletzten Mitarbeitenden von Ärzte ohne Grenzen gemeldet wurden, ist die Organisation weiterhin äusserst besorgt um die Sicherheit ihrer Teams und Patient:innen. «Die Sicherheit unserer Mitarbeitenden und Patient:innen hat für uns oberste Priorität. Wir ergreifen alle notwendigen Schritte, um unsere Teams zu evakuieren, da wir eine weitere Eskalation der Gewalt befürchten. Dieser inakzeptable Gewaltakt zeigt eine völlige Missachtung der humanitären Grundsätze und des humanitären Völkerrechts», sagt Mwatia.
Der Angriff auf das Ulang-Spital ist Teil einer Reihe von Sicherheitsvorfällen, welche die Gesundheitsversorgung in der Region beeinträchtigen. Im Januar waren zwei deutlich gekennzeichnete Boote von Ärzte ohne Grenzen mit sechs Mitarbeitenden an Bord angegriffen worden, als sie nach der Lieferung von medizinischen Hilfsgütern an das Nasir County Hospital nach Ulang zurückkehrten. Dieser Vorfall zwang Ärzte ohne Grenzen dazu, alle Einsätze innerhalb der Region auszusetzen.
In Ulang betreibt Ärzte ohne Grenzen neben einem Netzwerk dezentraler medizinischer Grundversorgung seit 2018 das Spital der Sekundärversorgung. Allein im vergangenen Jahr haben Teams von Ärzte ohne Grenzen mehr als 10'000 ambulante Konsultationen durchgeführt, 3284 Patient:innen stationär aufgenommen und 650 Schwangere bei der Entbindung unterstützt.
Die Einstellung der Dienste im Spital ist ein schwerer Schlag für die Gesundheitsversorgung in der Region, die nun keine funktionierende medizinische Einrichtung mehr hat. Mehrere Gesundheitszentren von Ärzte ohne Grenzen in der Region haben ihre Dienste ebenfalls ausgesetzt. Lebenswichtige Behandlungen von Cholera-Patient:innen und die Eindämmung des anhaltenden Choleraausbruchs kommen zum Erliegen. Darüber hinaus haben mehr als 800 Patient:innen, die mit HIV, Tuberkulose und anderen chronischen Krankheiten leben, keinen Zugang mehr zu ihrer Behandlung.
Ärzte ohne Grenzen unterstützt weiterhin die Gesundheitsversorgung in anderen Regionen von Upper Nile, einschliesslich der Bezirke Renk und Malakal. Die Organisation ruft alle Konfliktparteien dringend dazu auf, Gesundheitseinrichtungen, Patient:innen, Zivilist:innen und medizinisches Personal zu schützen und das humanitäre Völkerrecht zu respektieren.
Alessia Neuschwander