Südsudan: Aweil State Spital verzeichnet dramatischen Anstieg von Malariafällen bei Kindern
Alarmierend viele Kinder mit schwerer Malaria mussten in den vergangenen drei Monaten in dem von Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF) unterstützten Aweil State Spital behandelt werden. Mit bis zu 400 Kindern pro Woche verzeichnete die im südsudanesischen Bundesstaat Northern Bahr el Ghazal liegende Kinderstation mehr als doppelt so viele Fälle wie im Vorjahr. Gründe sind Überschwemmungen infolge der früh eingesetzten Regenzeit und ein mangelnder Zugang zu lokalen Behandlungsmöglichkeiten. Hoffnung verspricht der Malaria-R21-Impfstoff.
«Jedes Jahr steigt während der Regenzeit die Zahl der Malariafälle in Aweil», sagt Mamman Mustapha, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen im Südsudan. Entsprechend würden zu dieser Zeit Massnahmen zur Prävention für Zehntausende Kinder durchgeführt und Test- und Behandlungszentren eröffnet. Zusätzlich werde regelmässig eine Malariastation mit 72 Betten in dem Spital eingerichtet, so Mustapha. «In diesem Jahr waren wir jedoch mit einer Ausnahmesituation konfrontiert.»
Obwohl die Zahl der Betten in der Malariastation im September auf 94 erhöht wurde, mussten viele Patient:innen auf den Fluren behandelt werden. «Allein im vergangenen Monat haben wir täglich 43 Kinder mit schweren Formen von Malaria aufgenommen, von denen viele Bluttransfusionen benötigten.» 14 Transfusionen pro Tag seien seit September im Schnitt durchgeführt worden. «Dies sind schreckliche Zahlen», sagt Mustapha. «Es darf nicht sein, dass so viele Kinder mit fortgeschrittenem Malariaverlauf ins Spital müssen, wenn sie doch so einfach in einer lokalen Gesundheitseinrichtung behandelt werden könnten.»
Seit Juni steigt die Zahl der wegen Malaria aufgenommenen Kinder an. Ein Grund für die rasche Zunahme von Malariaerkrankungen sind die Regenfälle, die in diesem Jahr früh eingesetzt haben und zu monatelangen Überschwemmungen führten. Mehr als eine Million Menschen im Südsudan sind betroffen, am stärksten in dem Bundesstaat Northern Bahr el Ghazal.
Verschärfend kommt hinzu, dass die medizinische Erstversorgung nahezu vor dem Zusammenbruch steht. In den wenigen medizinischen Einrichtungen, die noch geöffnet waren, wurden die Medikamente aufgrund der unerwarteten Zunahme an Malariaerkrankungen schnell aufgebraucht und Vorräte konnten nur verzögert aufgefüllt werden. Den Menschen fehlen Medikamente, die sie zuhause einnehmen können. So kommt es zu schweren Verläufen bei Kindern, die im Spital behandelt werden müssen.
«In der vergangenen Woche haben wir mehr Betten im Spital aufgestellt und ein siebtes Test- und Behandlungszentrum eröffnet, das rund um die Uhr in Betrieb ist», so Mustapha. «Aber es bräuchte mehr solcher Zentren in den am stärksten gefährdeten Gemeinden, damit Kinder noch vor Ort behandelt werden können, bevor sich ihr Zustand verschlechtert.»
Der Südsudan hat dieses Jahr die ersten Dosen des R21-Malaria-Impfstoffes erhalten, ein Meilenstein im Kampf gegen die Krankheit. Ärzte ohne Grenzen unterstützt das südsudanesische Gesundheitsministerium bei der Einführung des Impfstoffs und ist zuversichtlich, dass mit einer höhere Durchimpfungsrate in den kommenden Jahren die Auswirkung von Malaria wesentlich eingedämmt werden kann.
Yvonne Eckert
Johanna Spitz