Tschad: Die im Mai 2018 gemeldete Masern-Epidemie konnte noch immer nicht eingedämmt werden

Tschad: Die im Mai 2018 gemeldete Masern-Epidemie konnte noch immer nicht eingedämmt werden

Aufgrund der seit einem Jahr anhaltenden Masern-Epidemie in weiten Teilen des Tschad impft das Notfallteam von Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) 107 000 Kinder gegen Masern und verstärkt seinen medizinischen Einsatz.

Teile des Tschad, darunter die Hauptstadt N'Djamena und die Stadt Am Timan, sind von einem Masern-Ausbruch betroffen, der seit einem Jahr andauert und sich zunehmend verschärft. Um die Situation unter Kontrolle zu bringen, hat ein Notfallteam der internationalen Nothilfeorganisation MSF eine Massenimpfkampagne im Distrikt Am Timan durchgeführt, die 107 000 Kinder vor der potenziell lebensbedrohlichen Krankheit schützen soll.

«Der Tschad wird Jahr für Jahr von Masern-Ausbrüchen heimgesucht, die in der Regel im Frühjahr beginnen und im Juni mit dem Beginn der Regenzeit abklingen», erklärt MSF-Notfallkoordinatorin Theresa Berthold. «Der Masern-Ausbruch von 2018 hält jedoch immer noch an. Die Epidemie konnte bis heute nicht unter Kontrolle gebracht werden.»

Der Masern-Ausbruch im Tschad wurde im Mai 2018 offiziell erklärt und hat 69 der 126 Distrikte des Landes erfasst. Seit Januar 2019 verschärfte sich das Ausmass des Epidemie: 9000 Masernfälle und 68 Todesfälle wurden in den ersten drei Monaten des Jahres 2019 gemeldet. Dies ist ein enormer Anstieg gegenüber dem Vorjahr mit 5336 Masernfällen und 96 Todesfällen zwischen Mai und Dezember 2018, gemäss Zahlen des Gesundheitsministeriums.

Das Notfallteam von MSF kam im Januar, als der Masernausbruch einen neuen Höchststand erreichte, nach Am Timan. Innert vier Wochen impften 150 Mitarbeitende von MSF 107 000 Kinder in der Stadt Am Timan und in 13 weiteren Orten im gleichnamigen Distrikt. Das Notfallteam von MSF unterstützt auch die Betreuung von Masernkranken im Spital Am Timan und in drei Gesundheitszentren, die kostenlose medizinische Versorgung anbieten. In den ersten drei Monaten des Jahres 2019 betreuten die MSF-Teams in Am Timan 1677 Kinder mit kompliziertem Krankheitsverlauf.

In den Tagen vor der Massenimpfkampagne suchte das MSF-Team in Am Timan verschiedene Gemeinden sowie nomadische Gemeinschaften der Region auf, um die Bevölkerung über Schutzmassnahmen zu informieren. «Wir hatten eine Reihe von Nomadenvätern, die, nachdem sie von der Kampagne unseres Teams gehört hatten, aus mehreren Kilometern Entfernung anreisten, um ihre Kinder impfen zu lassen», sagt Berthold. «Einer von ihnen brachte uns später zu seinen Leuten, damit wir dort sämtliche Kinder impfen konnten.»

In der Hauptstadt N'Djamena hat MSF ihr ehemaliges stationäres Ernährungszentrum, das im Juli 2018 eingerichtet wurde, in ein Masern-Behandlungszentrum umgewandelt. Damit kann die stationäre Versorgung erkrankter Kinder gewährleistet werden. MSF hat die Versorgungskapazität der Gesundheitseinrichtungen für Masernfälle zunehmend ausgebaut; bisher wurden rund 1500 Patienten in 21 von MSF unterstützten Gesundheitszentren behandelt. In Zusammenarbeit mit 270 lokalen Gesundheitshelfern unterstützt MSF ausserdem die aktive Identifizierung von an Masern erkrankten Kindern, damit diese an ein Behandlungszentrum überwiesen werden können.

MSF ist zwar mit der Massenimpfkampagne in Am Timan nicht der einzige Akteur vor Ort, jedoch scheint die derzeitige nationale Epidemiebekämpfung unzureichend.

Um eine sogenannte «Herdenimmunität» zu erreichen, müssen 95 Prozent der Kinder geimpft sein. In Tschad kann davon nicht die Rede sein: Gemäss den neusten Daten der tschadischen Gesundheitsbehörden ist nur rund eines von drei Kindern unter fünf Jahren (37 Prozent) gegen Masern geimpft, und nur eines von vier Kindern ist immun gegen die häufigsten Kinderkrankheiten.

«Es braucht eine gemeinsame Anstrengung des Gesundheitsministeriums und der internationalen Organisationen, um die Epidemie einzudämmen», erklärt Martin Braaksma, Landeskoordinator von MSF im Tschad. «Erfahrungsgemäss leiden während der jahreszeitabhängigen Hungerperiode, die im Juni oder Juli beginnt, Tausende Kinder an Mangelernährung. Ohne nationale Masern-Impfkampagne für alle Kinder unter fünf Jahren ist die Gesundheit all dieser Kinder in Gefahr. Ausserdem sollte ein landesweites Masern-Behandlungssystem aufgebaut werden.»

Mangelernährung in Kombination mit Masern ist sehr gefährlich, da die Masern die Mangelernährung akzentuieren, und die Mangelernährung ihrerseits eine Immunschwäche bewirkt – eine tödliche Kombination.

«Nur eine vollständige Immunisierung aller Kinder im Tschad kann zukünftige Masernausbrüche verhindern – und den Teufelskreis der jährlichen Masernausbrüche durchbrechen, die Tausende von Kinderleben bedrohen», erklärt Braaksma.

 

MSF ist seit 37 Jahren im Tschad tätig. Die Nothilfeabteilung von MSF im Tschad reagiert auf Epidemie-Ausbrüche, leistet kostenlose medizinische Hilfe und führt Notfall-Impfkampagnen durch. MSF leitet ausserdem medizinische Projekte in Moissala in der Region Mandoul.

 

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Louisa Bühler Media Coordinator, Team Medien/Events (Assistant)
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